Josef, man speaking from the heart

Man of the heart
Man of the heart

Afrikanischen Kinder sind einfach bezaubernd.

Es sind ihre großen Augen die so bestechend wirken, glaub ich.

Hier rund ums AWD versammeln sie sich am Nachmittag. Dann laufen sie einem entgegen, strahlen übers ganze Gesicht, rufen 'How are you, how are you?'

Sagt man drauf, 'Im fine, how are you?', antworten sie 'How are you, how are you?'

 

In der Früh und am Nachmittag sind sie in kleinen Grüppchens unterwegs und stapfen zur Schule oder in die Vorschule. Manche sind bestimmt nicht älter als 4. Es gibt auch ein  Schulbussystem, allerdings nur für Privatschulen.

 

Alle tragen Schuluniform, die Schuhe sind individuell und die Kombi mit ebenso individuellen Schultaschen denen man dann Armut oder gewissen Wohlstand ansieht, berührt mich jedes Mal aufs Neue.

 

2 Jahre Vorschule werden angeboten.  In die Schule geht's ab 7 Jahren. Sieben Jahre Primarschule, ohne Schulgebühren, jedoch muss das Schulmaterial bezahlt werden. Viele Kinder tragen ihre leeren Schultaschen hin und her, weil es eben an Geld für den Inhalt fehlt. 

 

Damit ist die Zukunft von diesem Anteil an Kindern schon mal vorprogrammiert. Aber immer noch besser als ca. 20% aller tansanischen  Kinder, vor allem in den Dörfern - sie erhalten keine Schulbildung, weil allein schon die Schuluniform, (eh second, third, forth- hand) nicht finanziert werden kann, oder der Weg einfach zu weit ist.

Auf 40-50 Schulkinder kommt eine Lehrkraft,  oft nur 5 Schulbücher, eine Toilette, oft keine Möglichkeit zum Hände waschen.

 

Auf die Primarschule folgen 4 Jahre Sekundarschule, jedem zugänglich, der die Abschlussprüfung der Primary schafft. Wenn nicht - Privatschule oder Schluss mit Schule. Ein weiteres Mal trennt sich also die Spreu vom Weizen.

2 weitere Jahre Sekundarschule, same same wie bei Sekundar 1. 

2-3 Jahre Universität/High school - .....!

 

 

Ich bin auf einen Artikel gestoßen aus dem hervorging, dass Mädchen die die Primary School besuchen  10x seltener bereits als Jugendliche schwanger werden. Der Anteil der Schülerinnen ist um knapp 10% geringer als der der Jungs. Heutiger Stand, also weiter vorprogrammierte Ungleichheit, Bevölkerungszuwachs in den armen Schichten, Armut und Chaos. Dabei sei die Situation schon wesentlich besser als noch vor 20 Jahren.

Es gibt auch Internatsschulen.

Hierfür bedarf es einer Grundausstattung, neben Schuluniformen zum Wechseln braucht es noch  Matratze und Zudecke, Geschirr, Handtuch, Schulmaterial.  Die Jahresgebühren liegen bei ca. TS 1.500.000,--

Körperliche Züchtigung steht auf der Tagesordnung, da wie dort.

Körperliche Züchtigung ist auch innerhalb der Familie ein wesentlicher Bestandteil der Erziehung. Man spricht vom 'Stick'.

Macht kind was verkehrt, kommt Muddi oder Vaddi mit dem Stick.

Der Stick ist so 'normal' in den Köpfen aller verankert, dass alle mit denen ich es hier zu tun habe (Ausnahme Dixon) nicht verstehen, wie wir unsere Jungs ohne Stick erziehen konnte. Es scheint als hätte dieser Stick über die Jahre eine Gehirnregion jedes Menschen erfolgreich entfernt.

 

Und jetzt der Brückenschlag von diesen Informationen zu unserem Josef.

 

Josef wuchs mit seiner Mutter, seinem Vater und einer Schwester auf. Als er 11 war ließ sich die Mutter scheiden, denn auch ihr gegenüber wurde jahrelang Gewalt ausgeübt, (Kinder inklusive) und das spärliche Gehalt des Gatten blieb oft wochenlang aus.

Sie arbeitet als Krankenschwester  mit einem für hiesige Verhältnisse gutem Gehalt von TS 200.000,-- und schickte Josef nach der Trennung aufs Internat. Die Schwester wurde bei der Großmutter untergebracht.

Die Verhältnisse in diesem Internat geschildert zu bekommen machen einen fast Weinen, aber noch mehr der Umstand, dass es Josef so erzählt, als müsse das alles so sein.

'It is the system', sagt er immer wieder.

Wenn ich dann da sitz und den Kopf schüttle, ihm sage wie unglaublich unfair das alles ist, verglichen mit den Möglichkeiten die ich hatte, lächelt er und sagt,

'Yes, but don't worry, it's just the system.'

 Er hat in der Sekundar 1 abgebrochen, hatte zu schlechte Resultate. Mal da mal dort gearbeitet, kaum was verdient. War dann an einer Schule um als Pfleger ausgebildet zu werden, hat er auch nicht geschafft. Dann kam der Militärdienst, er verpflichtete sich für zwei weitere Jahre.

 

Er hätte sich danach weiter verpflichten können, aber - und dabei grinst er wenn er das sagt, ein verzweifeltes Grinsen -

ja, das wäre sehr hart und man verdiene sehr schlecht und, ja, sehr hart wäre das.

Ein hartes System, ja, sehr hart ginge es da zu.... .

Mehr ist nicht aus ihm raus zu bekommen, ich will es aber eigentlich eh nicht wissen. Ich mutmaße der Stick ist auch dort an der Tagesordnung, möglicherweise für einen Menschen wie ihm, der stottert und motorisch oft ungeschickt wirkt, nicht nur ..... .

 

Makhuwa, das ist eine ethnische Gruppe, die über die Jahrhunderte als fleißig und friedlich gilt. Durch den Menschenhandel sind Nachfahren bis Hawaii vertreten. Tansanien beheimatet 120 verschiedene Volksgruppen - Tribes. Die Massai sind am stärksten vertreten.

Josef ist ein Makhuwa, zu deren Grundsätzen es zählt füreinander da zu sein. Oft kommen dann auf einen der somehow Geld verdient bis zu einem Dutzend somehow relatives.

(Äh,  - Mo an Mama, wie isn das, irgendwie kommz mir grad, stammen wir auch entfernt von den Makhuwa ab?)

 

An sich so als Adlatus vom Justin, da stellt er sich ganz gut an. Ja, is langsam und generell jetzt nicht der Hellste, aber unglaublich bemüht wenn man ihm was anschafft oder ihn um etwas bittet.

Nur, Justin mangelts ja selber hinten und vorne an Geld, also kann er ihm für seine Unterstützungen grade das Dach überm Kopf (er schläft in Justins Zimmer auf dem Boden)  und die Mahlzeiten gewährleisten.

90% des Tages lächelt Bro Josef, scherzt rum, hält dabei auch andere gern von der Arbeit ab, (da arbeite ich dran), verzettelt sich in Nebensächlichkeiten, aber wenn er redet, redet er aus dem Herzen heraus.

 

Eines Tages merkte ich, dass sein Lächel-Level deutlich gesunken war. Ich fragte ihn was denn los sei.

'Yes, you know its hard, live sometimes is hard.'

Er sei jetzt seit Jänner hier, hat aber noch immer keinen Job und er wolle ENDLICH seiner Mutter Geld schicken, anstatt sie ihm, aber es wäre hard, - sometimes.

Ich hab überlegt und mich mit ihm in den Garten gesetzt. Ich sagte ihm, dass er sich bemühe, das sähe ich und wenn ich ihm was erklär und zu tun geb', dann tut er es recht gut. 

Ich hätte beschlossen ihm, so lange ich hier sei pro Woche TS 10.000,-- zu geben, wenn das so bliebe und weil ich jetzt schon 4 Wochen da sei, - ich legte ihm TS 40.000,-- auf den Tisch.

Dieser kleine dickliche Kerl sank unmittelbar bitter weinend in sich zusammen. Mein Trösten prallte gegen seine Tränenflut. Er war nicht zu bremsen. Ich versicherte ihm, alles würde seinen Weg finden, ich würde ihn jetzt mal in Ruhe lassen, er könne jederzeit mit mir reden und schlich ins Haus.

Eine halbe Stunde später kam er rein, schaute mich direkt an und bedankte sich. Kein Stottern, ein klarer Blick aus dem Gesicht eines jungen Mannes, der scheinbar noch im Körper eines Kindes war, das er nie sein konnte.

Cashewnutbusiness?
Cashewnutbusiness?

Aurelia ist längst weiter gezogen auf ihrer Reise durch Afrika.

Au revoir, Aurelia!

Dafür kam Anastasia neu zu unserem Trüppchen.

Die bildhübsche Tochter eines Afro-Amerikaners und einer deutschen Frau, in Deutschland geboren und aufgewachsen,  ist in meinem Alter (also blutjung) und hilft ebenfalls einen Monat lang mit.

Außerdem sind Birgit, eine Freundin aus Singapur, bzw. jetzt München mit ihrer Tochter im Anflug und das Patenkind von meiner Seelen-Maria aus Kitzbühel hat sich auch angekündigt.

 

Good news auch vielleicht für Josef:

 

Ein somehow relative in Morogoro, das ist eine Stadt im Südwesten von Arusha (10 Busstunden), also dieser Uncle hat Cashewnut-Bäume.

Die können bis zu 14m hoch werden, breiten sich aber über ihre Äste richtig fett aus. Züchtungen ließen sie auch auf 6m schrumpfen und schneller Ertrag erzielen. Ursprünglich auch aus Südamerika (Brasilien, Venezuela) haben die Portugiesen die Pflanze nach Indien geschippert und von dort kam das Zeugs nach Afrika.

Das Unkelchen wird seine Ware nur in kleinen Mengen los. Da aber nun der Joseffi in Arusha - der großen Stadt, dem Tor zur Safari-Tourismuswelt wohnt - könnte der doch das Business antreiben.

So landeten eines Tages eine Verpackung mit 500g und eine mit 250g bei unserem Freund.

Erst hab ich es gar nicht mitbekommen, mich nur gewundert, dass er mit einem kleinen grünen Sack in seinen somehow Schuhen und viel zu langen Jeans immer mal wieder abgeschlurft ist und Stunden später mit dem gleichem Sack wieder antrödelte.

 

Irgendwann lagen die 'Sampels' dann mal auf dem Tisch und ich hab mich danach erkundigt.

Ja, er wolle jetzt ein Cashewnut-Business eröffnen. Wie er das denn mache, fragte ich ihn. Ja, er schaut da mal in der Stadt herum und spricht mit some people. (!?)

 

Als Justin und ich von unserer Indian Lady am Rückweg bei der Arusha Art Gallery vorbei fuhren, hielt Justin an, weil er sie mir zeigen wollte (wird später noch davon erzählt).

Josef war da auch mit dabei. Seinen schon etwas angeschlagenen Sack hatte er im Auto und da Justin in den Shops der Galerie keine Cashewnuts gesehen hab, meinte er, Josef solle doch mal anfragen, ob sowas hier gefragt wäre?

Dann kam er angschlapft, ging zu einem X-Beliebigen Verkäufer und sagte: 'Yes, I'm here with the cashewnuts. You can buy them for the shop.'

Nun,

der deal kam nicht zustande.

Weil ja jetzt das Haus voll wird, gab ich ihm eine Bestellung auf. Mit kleinem Preisaufschlag hier zum Wasserspender gestellt, dachte ich, nehmen das unsre neuen Gäste vielleicht mit.

Er war SOWAS von aufgeregt.

Hat unendliche Telefonate mit Uncle Cashew geführt, ich selbst musste dann auch noch mit Onkel Paul, Sir Cashew reden, der hat sich auch 10x bedankt for the business und Josie war im Glück!

Big deal
Big deal

Als die Lieferung im Postoffice abgeholt und dann im Haus ausgepackt wurde, hat Josef eine halbe Stunde lang gezählt, telefoniert, wieder gezählt, sicherheitshalber nochmal telefoniert.

Wir haben das Zeugs dann mit von Justin entworfenen Etiketten versehen und - Anastasia und ich waren seine erste Kundschaft.

Sie sind echt gut!

Viel größer als die, die ich in Österreich zu kaufen bekomm und geschmacklich ein Cashew-Träumschen.

 

Mit dem Shipping kostete mich die kleine Packung TS 7.000,--, die Große 13.000,--, Aufschlag 2.000,--, bzw. 3.000,-- für Joseffo.

 

Naja, reich wird er damit erstmal nicht.

 

Schauma mal, was da machbar wird.