Das hier ist ein Moschee, die da angeblich schon ein paar Jahre so steht.
Es erschien mir passend, dieses Bild heute zu meiner bzw. der Gesamtsituation zu wählen:
* Das Geld das ich an die NGO von Justin bezahlt hatte, um diese 3 Monate hier sein zu können wurde in die Mietvorauszahlung für das Woven House investiert, sonst wären die rausgeflogen
* Internet geht nicht mehr, weil kein Geld mehr da ist um es zu verlängern
* Die Stromausfälle häufen sich (beim Nachbarn brannte in der Nacht aber Licht !?!?)
* Das Gas war zu Ende, in Kombination mit dem Stromausfall etwas ungünstig (kochen?)
* Der März sei einer der Touristen - reiseunlustigsten Monate
* Zusätzliches Material für neue Entwürfe - negativ
* 21.3. - im gesamten Monat keinen Cent eingenommen, so wie auch im gesamten Jänner - um hier die Gehälter zu bezahlen, hat Justin seinen Laptop verkauft
* Gebühren für Justins Arbeit rund um das Programmieren von Websites sind fällig, sonst werden die Cloud-Speicher gelöscht
* Ausstehende Zahlungen an Justin von 4 Kunden für Websiteprogrammierungen, eine davon seit Dezember
* Gehälter am Monatsende?
* Quartalssteuer?
* Lebensmittel?
* Wasser
* Müllabfuhr?
Wieso hab ich nach der Marktpleite überhaupt genauer nachgefragt !?!?
Wenn ich, was ich täglich mache, die Weltnachrichten aus dem Internet ziehe, wird meine Stimmung auch nicht besser.
'Die Hoffnung stirbt zuletzt,' mag ich mir jetzt auch grad nicht mehr vor trällern.
Abbrechen?
Aufgeben?
Heimfahren?
Eine andere Organisation suchen?
Was ist euer schlimmstes Schimpfwort?
Eins von meinen ist H.rn.rsch.gsch.ssenerBeid.lSa.k!
Am Ende des Jahres - je nachdem wie gut das Jahr gelaufen ist, versuchen wir in Form von Spenden ein bissl was der Welt zurück zu geben.
Ärzte ohne Grenzen steht da hoch im Kurs.
Für Blinde, für Kinder in Not, für die Krebshilfe, Naturkatastrophen, Nachbar in Not, WWF, Greenpeace, Sternstunden...., man kennt das ja.
Dieses Jahr haben wir erst März, aber ich beschließe einen großen Anteil der Jahresendspenden dem AWD und den Leutchens hier zufließen zu lassen. Ich bin hier, kenn die Zuständ´ jetzt, seh´ wie es zugeht, weiß wo ich wie Geld reinsteck und zu welchem Zweck.
Ich will meine drei Monate in Arusha voll machen und will einfach nicht glauben, dass ein nachhaltig wirkender Aufbau hier nicht gelingen könnte.
Wie heißts beim Monopoly:
'Gehe zurück zum Start kassiere....... .'
'Na also gut, zahle....... '
Wenn man die Bilder so durchgeht, meint man, sooo schlecht kanns denen ja nicht gehen. Da kennen wir Reports von ganz anderen Zuständen.
Stimmt.
Ich hab 2015 ehrenamtlich beim Helferkreis für die bis zu 360 Flüchtlinge im Tragluftzelt in Oberhaching mitgearbeitet. Da waren die Schicksale die ich so mitbekommen hab mit Hoffnungslosigkeit, Hunger, Gewalt, Terror und Mord gespickt.
Die Schicksale hier?
Ein skurriler Haufen der angeführt von Bro Justin aus dem vermeintlich vorgegebenem Scheitern ausbrechen wollte. Justin, der sich bemüht so gut er kann, der nicht nur seinen Arsch retten will, sondern wenn seinen, dann aber auch bitte noch ein paar Andere.
Wie Mama Hokororo lebt - ich werd einen Eintrag machen....
Joseph, immer lächelnd, aber sichtlich jeden Tag verzweifelter, weil er mit seinen 26 Jahren und seinem etwas schlichten Gemüt hier ohne Hilfestellung chancenlos ist und bliebe.
Dixon, er schließt zwar alsbald seine Schule ab, für die seine Verwandtschaft zusammen gelegt hat, damit er es vielleicht einmal besser hat. Er hat laut Justin noch einen langen steinigen Weg vor sich. Tansania ist ein Safari-Land. Gute Tourguides sind gefragt, aber die Uni spuckt jedes Jahr um ein Vielfaches mehr Fachkräfte aus, als der Markt einsetzen kann.
Alfons, seine Fahrerlizenz ist seit 2 Jahren abgelaufen, um sie zu verlängern braucht es € 100,-- . Und selbst dann - Fahrer gibt's hier wie Sand am Meer, Tischler ebenso. Er wurschtelt sich irgendwie als Tagelöhner durch. Geht da mit 4-5 Euro heim, WENN er was findet. Das Angebot ist um ein Vielfaches höher als die Nachfrage. Es haben einfach alle kaum Geld. Seine angeblich reiche Freundin - Justin schweigt WIE sie sich ihr Geld verdient. Drogen?, frage ich. Justin sagt, ich wäre nicht die Erste die das fragt. Aber er würde dazu nichts sagen wollen.
Silas hat 4 Kinder und arbeitet, wie ich jetzt weiß, 7 Tage die Woche. Wenn nicht für das AWD, dann im AWD und darf die Maschinen nutzen. Wie er lebt? Wenn man sich die Gegend hier reinzieht, weiß man wie die meisten Menschen leben.
Lightness ist aus unerfindlichen Gründen seit Ende März nicht mehr in der Werkstatt erschienen. Handy hat sie keines, niemand weiß was da wieder los ist.
Habiba scheint es noch gut getroffen zu haben, sie hat ihre 6Tage Woche im AWD, wohnt in der WG und schickt was sie kann, zu ihren Geschwistern.
Rund um Jannet hab ich mich lange mit Mama Hokororo unterhalten. Joseph hat hier als Übersetzer fungiert, denn ihr Englisch ist recht einfach.
Ihre Geschichte ist herzzerreißend.
Wie die meisten Kinder die eine Behinderung haben, wurde auch sie von der Familie unterdrückt.
Solche Geschichten kenn ich auch aus Asien. Als ich rund um Citra Baru in Indonesien engagiert war (die Foundation gibt es leider nicht mehr), wurden mir ähnliche Geschichten berichtet. Ein behindertes, entwicklungsverzögertes oder entstelltes Kind ist eine Schande, die es zu vertuschen gilt.
Als Jannet von Mama Hokororo, die sich ehrenamtlich für Menschen in schwierigen Situationen einsetzt, 'gefunden' wurde, hat das junge Mädel, dessen Geburtstag weder sie noch ihre Mutter wissen, bis zu diesem Tag mit eben ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern in einer Hütte gewohnt. Sie war von jeher von sehr schwachem Verstand. Sie war motorisch verlangsamt, wurde geschlagen, unterdrückt, versteckt und hat (!) bis zu jenem Tag das Haus und dessen Vorplatz nicht verlassen. Sie konnte keine Schule besuchen und wurde von der Mutter schikaniert. Sie ist seit 2 Jahren im AWD, zuerst wohnte sie da, später hat sie Bus fahren gelernt und kommt nun pünktlich jeden Tag, seit ich hier bin, mit dem gleichen Rock, den gleichen Paar Schuhen und den gleichen zwei T-Shirts, die sie jeden Tag wechselt.
Wenn ich sie in der Früh herzlich begrüße, mir ihre Arbeit ansehe, ihr versichere, wie gut sie arbeitet - was sie tut - dann streckt sie den Daumen in die Höhe und sagt strahlend: Supa Mona, Jannet supa!
Strahlen und lächeln - trotz allem tun es alle. Sieht man aus dem Autofenster in die grimmigsten Gesichter und grüßt freundlich raus - ein Gruß zurück aus einem lächelnden Gesicht! Noch kein einziges Mal war das anders! Gesichter die ich noch nie sah, die ich nie wieder sehen werde.
Aber ein Lächeln.
Wie viele Menschen, die ich in Europa aus dem Auto raus grüße, grüßten zurück?
Wie viele Menschen würden mir ein Lächeln schenken?
Nein, ich glaube alles was ich tu, jetzt und hier, ist jetzt und hier - richtig!
Aber jetzt muss ich los, ich muss schaun' wo ich hier ein Faxgerät auftreiben kann ;0)