1. Tag im African Wear Design

Kolleginnen
Kolleginnen

 

Durch eine große Stahltür gehe ich in einen kleinen Vorhof und von da wieder durch eine Stahltür auf das Gelände des African Wear Design (AWD). Linker Hand ist ein flaches Gebäude mit zwei Türen. Eine führt in ein Zimmer, der Boden ist betoniert, die Wände haben wohl mal viele Poster getragen, ein Bett steht da, zwei Nähmaschinen, Säcke, Stoffe, Gewand.

Unordnung, Durcheinander, Staub - sehr viel Staub, sehr viel klebriger Staub, sehr viel Staub der da schon sehr lange klebt, sind die Hauptmieter dieses Raumes. 

Daneben - das sagt mir das Schild rechts neben der Tür, die keine Türschnalle hat und halb offen steht ist 'der Shop'. Ein weißes Regal, ein Tisch, zwei halbhohe Schrankreihen, in der Mitte eine Tischkonstruktion die an der Decke mit Schnüren befestigt ist. 

Vor den Beiden Räumen ist der Boden ebenfalls betoniert. Hier arbeiten die Mädels, die mich lächelnd begrüßen.

Links sitzt Janet.

Ein junges schmales Mädchen mit einem Lächeln, das gerne strahlen würde, aber ihre Zähne sind verstummelt braun schwarz gefärbt. Trotzdem erkenne ich ihre Motivation dahinter und lächle freundlich zurück. Sie kommt aus einfachsten Verhältnissen und ist psychisch krank. Justin sagt sie leide unter dem Asperger Syndrom, aber ich bin mir sicher, dass sie ein anderes Handicap hat. Denn ein Asperger-Patient begrüßt einen nicht mit seiner ganzen Aufmerksamkeit so freundlich. Für umgerechnet € 2,80,-- und eine warme Mahlzeit  am Tag arbeitet sie hier. Sie hat keine Ausbildung und ihr psychisches Manko und damit auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Justin meint sie bekäme mehr bezahlt, sobald sie bessere Fähigkeiten entwickelt. Ich bin guten Mutes, dass ich ihr da weiterhelfen kann.

Daneben sitzt Habiba, aber die ist eigentlich nur zufällig auf dem Bild, die hat hier eine andere Aufgabe. außer sie hilft wie eben mal aus.

Lightness ist eine Frau um die 35.

Ihr fehlt ein Bein. Vom Oberschenkel abwärts trägt sie eine Prothese. 'Somehow an accident', man fragt hier nicht genauer nach. Sie arbeitet ebenfalls Montag bis Samstag, ist schon ganz gut ausgebildet als Näherin und verdient damit 200.000,-- Tansanien Schillinge im Monat. Der Umrechnungskurs ist zur Zeit ca. TS 2.500,-- = € 1,--. Also ein Tageslohn von umgerechnet etwas mehr als € 3,20.

Das Durchschnittseinkommen in Tansania beträgt monatlich $ 45,--. 

Für Menschen mit einer Behinderung einen Job zu finden, der im Fall von Janet und Lightness umgerechnet monatlich € 70-80,-- einbringt, ist eine seltene Gelegenheit.

Silas
Silas

 

Silas der Schneider

 

Ein hagerer Mann, dessen Alter ich nicht schätzen kann. Er ist sehr still, aber ausgesprochen freundlich. Er sitzt hinter einer Nähmaschine, die er mit dem Fußpedal mechanisch antreibt, was ein großer Vorteil ist, denn Stromausfälle von 10 Minuten bis zu 10 Stunden sind hier an der Tagesordnung.

Die Maschine ist recht improvisiert zusammengestellt, aber angeblich die Beste im Haus. Die Fadenspule hat nicht wie gewöhnlich ihren Platz oben am Gerät, sie steht unten rechts auf dem Boden und irgendwie schafft es der Kerl unter all den Umständen tatsächlich vernünftige Stoffverbindungen zusammen zu nähen.

Suaheli ist die Sprache der Tansanier. Aber irgendwie kann jeder auch wenigstens ein paar Brocken Englisch. Silas Berufsbezeichnung ist 'Fundi'. Ein Fundi ist ein Techniker. Je nachdem welche Fertigkeit man besitzt, wird nach Fundi ebendiese erwähnt, bzw. hinter dem Wort drangehängt. In Silas Fall ein Fundi vitambaa - ein Stofftechniker. 

 

Habiba
Habiba

 

Habiba 

 

Habari asubui heißt Guten Morgen. Ich hab ewig gebraucht um die arme Habiba richtig auszusprechen. Irgendwie ist mir das Habari immer dazwischen gekommen. Habiri, Hababiri, Hibari, Hiriba, Hariba....

Sie beherrscht mit ihren 21 Jahren das Weben einwandfrei und ist auch sonst recht geschickt, begreift schnell und liebt Musik. Der hiesige Sound begleitet einen allerorts. Meist gilt die Devise, je lauter je besser.

Habiba hat kein Handicap, - quasi - sie ist aus der Region Tabora hier hergezogen um zu arbeiten und damit ihre Familie zu unterstützen. Seit ihre Mutter vor einigen Jahren verstorben ist und auf den Vater kein Verlass ist, versucht sie ihre drei Geschwister über Wasser zu halten. Sie wohnt in einer WG wo AWD ein Zimmer für sie mietet.

Das Weben ist das Aushängeschild der Werkstatt. Zwei Webstühle befinden sich unter einem Blechdach. Für mich auf den ersten Blick vollkommen unnachvollziehbar, wie die es schaffen hier vernünftige Sachen zu produzieren. Mal sehen....

Mama Hokororo
Mama Hokororo

Mama Hokororo

 

Sie ist das Herz der ganzen Anlage. Sie hat auch ein Großes. Sie wohnt auch hier im AWD. 

Das Haus war das Wohnhaus der Familie Hokororo. 

Ihr Mann, Justins Vater war Arzt und ist 2011 im Alter von 60 Jahren gestorben. Er hat sich, nachdem er mit 51 pensioniert wurde (die Lebenserwartung liegt in Tansania bei 65 Jahren, mehr als 40% der Bevölkerung ist jünger als  15 Jahre),  in einer von ihm gegründeten NGO - 'Springs of hope' -  ab 2002 um Aids-Kranke gekümmert. Er war wohl  sehr charismatisch und klug.

Als Witwe und Mutter von zwei Söhnen ( Justin hat noch einen älteren Bruder - Stephen), die auch viel ehrenamtliche Aufgaben in der Gemeinde ausführt, wuppt sie den Laden mit diesen zur Zeit 4 Mitarbeiterinnen. Das Ganze wurde 2009 als African Wear Design gegründet und wird seit 2020 als Social Enterprise - NGO geführt. 

Sie versorgt hier alle mit Mittagessen, färbt die Materialen für das Weben, batikt Stoffe und erzeugt Schmuck, Tischsets, Körbe und Behälter sowie Topf- und Glasuntersetzer aus Glasperlen. Sie betreut die Freiwilligen Mitarbeiter und ist ein wirklich lieber, herzlicher Mensch.

Ugali
Ugali

Mittagessen !

 

Als ich 2015-2016 im Helferkreis Oberhaching mitgearbeitet hab, fragte mich ein gewisser Paul aus Nigeria, ob ich denn 'Fufu' kenne. Man esse das vorwiegend in seiner Heimat und er vermisse das ganz arg.

Na also hab ich damals Fufu gegoogelt und herausgefunden, dass es aus der Maniok-Wurzel gemacht wird. Man bekommt diese Süßkartoffel-ähnliche Ding auch in München. Oberstolz hab ich den Jungs im Tragluftzelt dann ihr Fufu vorbeigebracht. Mittelhappy haben sie es gegessen. Ich war verwirrt. Dann hat sich herausgestellt, dass man zu Fufu eine Soße einen Eintopf oder wenigstens eine Suppe isst.

Na also habe ich damals Soßen zu Fufu gegoogelt.....

 

Auf dem Tisch wo wir vorher noch mit verschiedenem Werkszeug hantierten wurde dann 'Ugali' angerichtet.

Es erinnerte mich an 'Fufu' wird aber aus Hirse gekocht. (Auch aus Mais wird es zubereitet, allerdings sieht das nicht aus wie Polenta!?!) Wenn ihr mich fragt genau so ein geschmackloser Gatsch, ABER eben mit Soße - in unserem Fall heute mit einer Gemüseaufregung, bekommt das Ganze Pepp. Es füllt das Bäuchlein jedenfalls heftig und 'gives a lot of energie'.

Puh, schlanker werd ich hier wohl nicht.

Gegessen wird das Ganze mit den Fingern. Man nimmt ein wenig Ugali, wuzelt es in einer Hand mehrmals zurecht und drückt dann mit dem Daumen eine Kuhle in den Teig. Damit hat man eine Art Löffel. Damit fährt man durch die Soße und nimmt diese auf. Zum Mund führen - je geräuschreicher umso besser, weiter wuzeln.

Zugesehen - gestaunt - ausprobiert - : Um einen Löffel gebeten ! ;0)